Die absurde Realität der Wohnungsnot auf Mallorca: Wenn 22 Quadratmeter 1.600 Euro kosten

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Die absurde Realität der Wohnungsnot auf Mallorca: Wenn 22 Quadratmeter 1.600 Euro kosten
Bild: KI

Mallorca befindet sich inmitten einer beispiellosen Wohnungskrise, die immer absurdere Auswüchse annimmt. Aktuelle Online-Anzeigen offenbaren eine erschreckende Realität: Winzige Wohneinheiten, die aufgrund ihrer geringen Größe eigentlich gar nicht legal vermietet werden dürften, werden für schwindelerregende Summen angeboten. Dieses Phänomen verschärft die ohnehin angespannte Situation für Bewohner und Interessenten auf der beliebten Insel.

Fischerhäuschen als Luxus-Miete: Die „Casitas de pescadores de s’Estalella“

Ein besonders prägnantes Beispiel sind die idyllischen „Casitas de pescadores de s’Estalella“ an der Südküste nahe Sa Ràpita. Diese ehemaligen Fischerhäuschen, die ursprünglich auch an Urlauber vermietet wurden, werden nun auf bekannten Immobilienportalen für Langzeitmieten inseriert – und das für unfassbare 1.600 Euro pro Monat. Die Anzeigen preisen eine „einzigartige Umgebung“ direkt am Meer an, ideal für Künstler, Autoren oder digitale Nomaden, und versprechen „einen der schönsten Meerblicke der ganzen Insel“ von den privaten Terrassen. Inklusive sind Annehmlichkeiten wie Strom, Wasser, Gas, WLAN und sogar Brennholz für den Ofen.

Doch der Schein trügt: Die vermeintlichen Traumunterkünfte messen lediglich 22 Quadratmeter. Damit unterschreiten sie deutlich die gesetzliche Mindestgröße von 25 Quadratmetern, die auf den Balearen für bewohnbare Immobilien vorgeschrieben ist.


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„Infravivienda“: Wenn Wohnraum zur Farce wird

José Miguel Artieda, der Präsident des Verbandes der einheimischen Immobilienmakler der Balearen, spricht Klartext: Alles unter 25 Quadratmettern gilt offiziell als sogenannte „Infravivienda“, also als nicht würdiger Wohnraum. Er kritisiert die zunehmende Verbreitung solcher fragwürdigen Angebote, insbesondere auf nicht legalisiertem Bauland oder bei umgebauten Gewerbeflächen.

Auch die Vereinigung der Immobilienentwickler und Bauträger auf den Balearen schlägt Alarm. Alejandra Marqués, Vizepräsidentin der Vereinigung, betont, dass die Mindestgröße für Neubauten bei 30 Quadratmetern liegt. Bei Bestandsimmobilien gilt zwar ein Limit von 25 Quadratmetern, dies darf jedoch nur in Ausnahmefällen – beispielsweise bei Sozialwohnungen für spezielle Zielgruppen – auf 24 Quadratmeter gesenkt werden. Aus ihrer Sicht sollte eine Unterkunft, die ein Mindestmaß an Komfort bieten will, nicht unter 30 bis 35 Quadratmetern liegen.

Kuriositäten und Absurditäten auf dem Immobilienmarkt Mallorcas

Die 22-Quadratmeter-Casita ist leider kein Einzelfall. Weitere absurde Angebote finden sich quer über die Insel verteilt:

  • Ein „wunderschön möbliertes Studio“ in Cales de Mallorca wird ebenfalls für 1.000 Euro im Monat angeboten – auch hier misst es 22 Quadratmeter.
  • In Artà gibt es ein „gemütliches Studio“ im Souterrain mit derselben Fläche für 600 Euro.

Auch auf dem Kaufmarkt häufen sich solche Miniwohnungen. Ein besonders skurriles Beispiel stammt aus Port de Pollença: Ein „modernes Penthouse“ mit privater Dachterrasse und eigenem Pool, angepriesen als luxuriöses Designobjekt in ruhiger und zentraler Lage. Die Baufläche beträgt laut Anzeige jedoch gerade einmal zehn Quadratmeter – ohne Schlafzimmer, ohne Bad – zum Preis von 2,2 Millionen Euro. Ob es sich hierbei um einen Fehler oder einen schlechten Scherz handelt, bleibt unklar, doch das Angebot ist auf einer bekannten Plattform und der Website der vermittelnden Agentur gelistet.

Zudem werden zahlreiche sogenannte „Casetas“ mit weniger als 20 Quadratmetern Fläche auf rustikalem Grund angeboten, oft ohne rechtliche Genehmigung. In Cala Major stehen beispielsweise ein 24-Quadratmeter-Studio für 140.000 Euro und ein weiteres für 159.000 Euro zum Verkauf. In Can Picafort wird eine 24-Quadratmeter-Wohnung für 35.000 Euro angeboten.

Fehlende Regulierung: Ein Problem mit strafrechtlichen Folgen

José Miguel Artieda macht nicht die Immobilienplattformen für diese Situation verantwortlich, da diese nicht die spezifischen rechtlichen Mindestmaße jeder autonomen Region kennen können. Vielmehr liege das Problem in der fehlenden Regulierung. Dabei ist die Vermarktung solcher Unterkünfte in vielen Fällen sogar strafbar. Die aktuellen Entwicklungen unterstreichen die dringende Notwendigkeit umfassender Maßnahmen zur Eindämmung der Wohnungsnot auf Mallorca und zur Sicherstellung würdiger Wohnverhältnisse.